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Das größte Glück auf Erden, manchmal dem Himmel doch so nah!

Elvira Harz, seit 2002 Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerin im Marienhospital

Mein Name ist Elvira Harz, ich bin seit 2002 Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerin.

Ich arbeite seit 2015 auf einer Mutter-Kind-Station im Stuttgarter Marienhospital. In meinem Arbeitsbereich kommt das Glück auf die Welt. Mit Ausnahmen.

Das größte Glück auf Erden, manchmal dem Himmel doch so nah!

Spätdienst – Auf der Mutter-Kind-Station ist es entspannt und ruhig. Es klingelt an der Eingangstür. Ein Mann spricht besorgt in die Sprechanlage, seine Frau sei schwanger und an wen er sich wenden darf? Ich habe den Mann in den Kreißsaal verwiesen. Mein ungutes Gefühl führte mich zur Eingangstüre. Dort fand ich den Mann mit seiner hochschwangeren, blutendenden Frau vor. Sofort rief ich die Hebammen an und brachte die werdenden Eltern in den Kreißsaal. Dieser hohe Blutverlust ist ein Verdacht auf eine Plazentaablösung. Das kann zu ernsthaften Komplikationen führen. Bei einer Plazentaablösung ist schnelles Handeln gefragt. Den werdenden Eltern war gar nicht bewusst, in welcher Lage sie sich befanden. Auf dem Weg in den Kreißsaal versuchte ich die Situation zu erklären und war trotzdem positiver Worte. Alles verlief schnell und teils hektisch.

Der Notruf wurde abgesetzt!

Nur ein paar Minuten später stand ein OP-Team im Kreißsaal und die Schwangere hat einen Notkaiserschnitt bekommen. Bei größeren Plazentaablösungen mit starken Blutungen besteht für die Mutter die Gefahr eines Kreislaufschocks, der sich anfänglich durch Unruhe und Schwächegefühle äußert und oft einen enormen Blutdruckabfall und Bewusstlosigkeit nach sich zieht. Aufgrund der mangelnden Sauerstoffversorgung entsteht zudem eine erhebliche Gefährdung des ungeborenen Kindes. Für mich als Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerin war die Betreuung des betroffenen Elternpaares bis zur Operation sehr wichtig. Der werdende Vaterstand hilflos und ängstlich da. Er war den Tränen nahe und absolut überfordert. Mir gegenüber immer stets fragend und zugleich dankbar für jedes Wort. Es war sein erstes Kind. Ich versuchte ihn immer wieder zu beruhigen! Wir Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerinnen des Marienhospitals werden immer zu Notfällen, wenn es um die Versorgung des Kindes geht, dazu gerufen. Bis zur Ankunft des Kinderärzteteams aus der Kinderklinik versorgen wir mit der Hebamme und Anästhesisten das Neugeborene. Adrenalin pur!Ganz selten kommt jede Hilfe zu spät, was mich immer wieder aufs Neue beschäftigt und mitreißt. Nicht allzu selten denke ich mehrere Tage über bestimmteNot-Situationen nach.

Leider hat sich das das Neugeborene nach der Abnabelung von der Mutter nicht adaptiert und musste reanimiert werden. Das Kinderärzteteam hat übernommen und hat das Neugeborene intubiert! Somit wurde es künstlich beatmet. Der Vater, der vor dem OP-Vorraum stand, wurde dazu geholt, um Kontakt mit seinem Kind aufzunehmen, bevor es in die Kinderklink verlegt wurde. Er war vom Anblick geschockt und seine Welt hatte sich in dem Augenblick aufgehört zu drehen. Welcher Vater wünscht sich ein solches Bild seines neugeborenen Kindes? Verkabelt und mit einer Maschine am Leben erhaltend. Manchmal finde ich keine Worte und schweige, bin erleichtert, dass Kinderärzte die Eltern fachlich und professionell auffangen. Doch trotzdem war er voller Dankbarkeit, dass sein Kind diese Erste-Hilfe-Versorgung bekam und esHoffnung gab. Die Mutter musste erstmal aus der Vollnarkose erwachen. Auch sie durfte wenige Minuten später im Dämmerzustand ihr Kind berühren, bevor es verlegt worden ist.

Am nächsten Tag wurde die Mutter in die Kinderklink zu ihrem Kind verlegt. Von Tag zu Tag ging es dem Neugeborenen besser. Die Eltern durften nach zehn Tagen ihr Kind mit nach Hause nehmen. Der weitere Gesundheitsverlauf ist für uns immer wichtig, wir sind stets in Kontakt mit der Kinderklinik.

Diese Situationen, Begegnungen und Schicksale streift man nicht einfach ab. Sie geben meinem Leben eine Achtsamkeit, eineTiefe, für die ich nur dankbar sein kann. In den Worten und Gesten der Eltern zu spüren, welchen unbezahlbaren Schatz wir ihnen mit der Not-Erstversorgung geschenkt haben. Solche Tage schätze ich sehr und sehe diese als eine Bereicherung.

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